Free Gustl Mollath – Wie Medien die Meinung beeinflussen

In diesen Tagen erinnere ich mich an die Zeit zurück als ich im Sozialkundeunterricht in meinem guten alten Graf-Münster-Gymnasium in Bayreuth saß und mir der Lehrer die Grundzüge unserer konstitutionellen Monarchie, pardon unserer Kanzlerinnen-Republik, äh der Bundesrepublik, jetzt passt es, versuchte zu vermitteln.

Ich habe gelernt, dass es die Exekutive gibt (Regierung, Staatsapparat), die Legislative (Bundestag und Bundesrat) und die Judikative (Gerichte). Und es gibt noch eine vierte Gewalt im Staat, die öffentlichen Medien.

Die Macht dieser öffentlichen Medien haben wir im Fall des Gustl Mollath eindrucksvoll gesehen. Es wurde mit einer beispielslosen Kampagne so lange aus allen Rohren gegen die scheinbar ungerechte Verwahrung von Herrn Mollath geschrieben, gesprochen und gesendet, bis auch der letzte Zweifel an der Schuld von Gustl Mollath ausgeräumt war.

Zugegeben, es gab im Fall des Gerichtsverfahrens gegen Herrn Mollath ein Verfahren und eine Vorgehensweise von Gutachtern und Gerichten welche, sollten die Vorwürfe zutreffen, eines Rechtsstaates unwürdig sind und in mir als Bürger dieses Staates die Hoffnung wecken, dass ich bitte nie in die Mühlen dieses Systems geraten möge.

Aber ob Gustl Mollath unschuldig ist oder nicht ist noch zu prüfen. Leider schossen die Medien über das Ziel hinaus den fragwürdigen ersten Prozess so lange zu geißeln, bis ein Wiederaufnahmeverfahren die einzige Möglichkeit gewesen wäre. Nein, Gustl Mollath wurde als unschuldig verurteilt hingestellt. Das ist etwas vollkommen anderes. Dass Gustl Mollath kein einfacher, angepasster Charakter ist, steht wohl außer Frage. Für Andersartigkeit sollte auch niemand ins Gefängnis oder eine psychatrische Klinik müssen. Aber ist er auch tatsächlich so unschuldig wie er immer behauptet? Denn das Gemeinwohl gefährdendes Verhalten ist eine andere Baustelle. Der Nordbayerische Kurier, allen voran dessen Chefredakteur Braun, berichteten sehr ausgewogen und stellten sich auch der in den Leserbriefen immer wieder hervorgebrachten harschen Kritik an der Berichterstattung des Kuriers. Hier wurde nämlich von Anfang an die Frage aufgeworfen, ob das in der Öffentlichkeit gesteuerte Bild zum Fall Gustl Mollath tatsächlich der Wahrheit entsprach. Man könnte Herrn Braun CSU-Justizministerin-nahe Parteilichkeit unterstellen, doch zeigt der Kurier seit dem Amtsantritt seines Chefredakteurs eine schonungslose Wahrheitspolitik gegen alles Parteien. Egal ob SPD oder CDU keine dieser Parteien dürfte gut auf Herrn Braun zu sprechen sein. Der Nordbayerische Kurier praktiziert eine Recherchepolitik und klärt auf. Wie ich mich freue das scheinbar längst beerdigte „Sapere Aude“ von Zeit zu Zeit in den Medien zu finden.

Im Fall Gustl Mollaths hatten die Medien natürlich auch extrem leichtes Spiel. Eine Justizministerin, die sagen wir mal im besten  Fall als unsympathisch beschrieben werden kann. Ein wahrscheinlich tatsächlicher Interessenskonflikt des Richters und ein sich scheinbar selbst schützender Justizapparat der propagiert dass nicht sein kann was nicht sein darf. Eigentlich ein Elfmeter für eine gute Kampagne.

Es bleibt zu hoffen, dass nach der Freilassung von Gustl Mollath die Debatte versachlicht wird, Herr Mollath einen fairen Prozess bekommt und der damalige Richter, sowie die damaligen Gutachter im Fall von Versäumnissen und Fehlern angemessene Sanktionen erfahren.

Just my 2 cents

Thor(sten)

1 thought on “Free Gustl Mollath – Wie Medien die Meinung beeinflussen

  1. Kurt O. Wörl

    Natürlich kann man alles hinterfragen, auch, ob Gustl Mollath schuldig war. Wenn das Gericht recht hatte, war er – weil schuldunfähig – nicht schuldig. – Ob deshalb auch die Unterbringung rechtens war ist eine andere Frage. Dass – leider – immer wieder Ehepartner untereinander gewalttätig werden ist leider eine traurige Wahrheit. In meinem Beruf kenne ich Fälle, wo Frauen Blaue Flecke und Verletzungen als Standard-Outfit tragen… aber ihre Peiniger landen trotz vielfacher Übergriffe selten im Knast und noch seltener in der Klappse.

    Im Falle Mollaths war es ein einziger, abgeblicher solcher Fall und bei ihm stützt sich alles auf die mehr als zweifelhaften Behauptungen seiner ehemaligen Frau, mit gefälschtem Arztattest. Und sie hatte ein Interesse daran, ihren Göttergatten aus dem Verkehr ziehen zu lassen. Ich bin deshalb froh, dass auf die Vierte Macht im Staate Verlass ist. – der Nordbayerische Kurier darf gerne seine eigene Auffassung vertreten.

    Was die Neuaufrollung des Prozesse angeht, rechne ich jetzt schon mit Freispruch, mindestens wegen mangels an Beweisen. Das neubeauftragte Gericht wird den Fall so schnell wie möglich vom Tisch haben wollen. Gefälschtes Attest und die Bestätigung, dass die Schwarzgeldgeschäfte der Frau eben Realität und nicht Teil eines Wahnsystems waren und die damit verbundene Interessenlage der Ehefrau, lassen m.E. gar kein anderes Ergebnis zu.

    Vielmehr plagt mich die Sorge, welche unbequemen Zeitgenossen noch alles auf diese Weise in der Klappse „entsorgt“ wurden.

    KOW

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